6.200 statt 40.000: Land liefert viel zu wenige Schnelltests für die Jugendhilfe in Lippe
Kreis Lippe. Neben Kitas und Schulen will das Land NRW auch die Mitarbeitenden der Jugendzentren, des Allgemeinen Sozialen Dienstes, Jugendsozialarbeiter und andere Beschäftigte der Jugendhilfe mit Corona-Selbsttests versorgen. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft jedoch eine riesige Lücke. 40.000 Tests werden allein im Jugendamtsbezirk des Kreises Lippe benötigt, doch das Land liefert gerade mal 6.216 – das hat eine Nachfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Dennis Maelzer ergeben.
„Diese Unterschiede sind unfassbar“, erklärt Maelzer, der familienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion ist. Seine Nachfragen beim Ministerium und bei den hiesigen Jugendämtern hat ergeben, dass das Land zur Berechnung der Schnelltestkapazitäten für das Kreisjugendamt 448 Personen berücksichtigt. Für Detmold sind es 236, 162 für die Stadt Bad Salzuflen, für Lemgo 118 und für Lage 43 (diese vier Kommunen haben jeweils eigene Jugendämter). Das Detmolder Jugendamt hatte dem Land allerdings einen Bedarf von 685 allein für die Residenzstadt gemeldet - nahezu drei Mal so viel, wie das Ministerium nun berücksichtigt. Beim Jugendamt Lippe ist das Missverhältnis noch größer. Der Kreis teilte Maelzer mit, dass er den Bedarf für 1.899 Beschäftigte gemeldet habe. „Das wäre gleichbedeutend mit 40.000 Testmöglichkeiten gewesen. Erhalten wird der Kreis 6.216 Tests“, erklärt Maelzer.
Diese waren für stationäre und teilstationäre Einrichtungen, den Allgemeinen Sozialen Dienst, ambulante Hilfen zur Erziehung, Beratungsstellen sowie für die Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit gedacht. Jetzt sollen viele Personen außenvor bleiben.
„Insbesondere im Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit gilt, dass nur solche Beschäftigten Tests aus diesem Kontingent zur Verfügung gestellt werden dürfen, die in beträchtlichem Umfang (z.B. täglich) mit jungen Menschen unmittelbar in Kontakt stehen“, heißt es in einem Brief des Ministeriums. Etwa sollen Honorarkräfte, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Personen, die ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr bestreiten, nicht berücksichtigt werden.
Stattdessen verweist das Familienministerium ehrenamtliche Mitarbeiter auf die freiwilligen Bürgertests und sieht bei Hauptamtlichen die Arbeitgeber in der Verantwortung. „Viele Mitarbeitende der Jugendhilfe sind bei gemeinnützigen Trägern beschäftigt. Ich bin mir sicher, dass die ihr Möglichstes für den Schutz der Beschäftigten unternehmen. Dass das FDP-geführte Haus aber die freie Wohlfahrt mit der freien Wirtschaft über einen Kamm schert, halte ich nicht für angemessen“, erklärt Maelzer. Aus seiner Sicht dienen derartige Hinweise eher dazu, darüber hinwegzutäuschen, dass das Land seine geleisteten Versprechen nun nicht erfüllen kann.
Insbesondere der Jugendarbeit keine Selbsttests zur Verfügung zu stellen, sei das vollkommen falsche Signal, kritisiert der SPD-Politiker. Kinder und Jugendliche bräuchten ihre sozialen Kontakte um gesund und selbstbestimmt aufwachsen zu können. „In der Pandemie sind junge Menschen sehr solidarisch gewesen und haben auf vieles verzichtet. Jetzt den Rotstift bei der Jugendarbeit anzusetzen zeigt wieder einmal, dass Kinder und Jugendliche keine Priorität bei der Landesregierung haben“, so Maelzer.