Steigende Energiekosten: Viele suchen Rat bei der Verbraucherzentrale

Kreis Lippe. Ärger mit Inkassounternehmen, fragwürdige Handyverträge, dubiose Haustür- und Telefongeschäfte oder Tipps und Tricks fürs Energiesparen: Bei diesen und vielen weiteren Themen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Detmold den Bürgerinnen und Bürgern mit Rat und Tat zur Seite, informieren, beraten und suchen gemeinsam mit ihnen nach Lösungen. Über das umfangreiche Portfolio der Verbraucherzentrale und deren wichtige Arbeit hat sich jetzt der Landtagsabgeordnete Dennis Maelzer informiert – und war beeindruckt.

„Es sind unfassbar viele Themen, die wir bearbeiten und mit denen sich die Menschen an uns wenden“, berichtet Brigitte Dörhöfer, Leiterin der Verbraucherzentrale in Detmold – eine von 64 Geschäftsstellen in NRW. „Vor allem die Rechtsberatung gehört zu unseren Schwerpunkten“, ergänzt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.

Vor allem bei Abzockmethoden, unseriösen Verträge, Fakeshops im Internet oder Inkassoforderungen würden sich die Bürgerinnen und Bürger an die Beraterinnen und Berater wenden. Aber auch das Reise- oder Mietrecht stehe immer wieder im Fokus. Derzeit erreichten die Verbraucherzentrale aber insbesondere Fragen zum Energiebereich. „Beispielsweise, wenn jemandem der Strom- oder Gasliefervertrag gekündigt wurde. Wir prüfen dann zusammen mit den Betroffenen, ob das rechtens war und welche Lösungsmöglichkeiten wir haben“, erklärt Dörhöfer. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen würden sich derzeit verstärkt bei der Verbraucherzentrale melden und sich dort Hilfe suchen. „Die steigenden Gas- und Strompreise sind ein großes Thema“, berichtet Dörhöfer.

Energiespartipps vom Experten

Dementsprechend könne sich auch Matthias Ansbach derzeit vor Anrufen und Anfragen kaum retten. Ansbach ist Energieberater der Verbraucherzentrale und informiert ganz gezielt, wie die Menschen Wärme und Strom sparen können. Dabei gehe es weniger ums „kälter duschen“, was derzeit landauf landab propagiert werde, sondern eher um energetische Sanierung von Häusern und Wohnungen. „Das betrifft die verschiedenen Möglichkeiten neuer Heizungsanlagen bis hin zur Dach- und Fassadendämmung“, erklärt Ansbach.

Während sich in den vergangenen Jahren in erster Linie Mittelständler mit Ein- oder Zweifamilienhaus an ihn gewandt hätten, träten derzeit auch Menschen mit geringem Einkommen und viele Rentnerinnen und Rentner an ihn heran. „Oft sind das ältere Menschen, die ganz allein in ihrem Haus auf dem Dorf wohnen und sich große Sorgen über die steigenden Energiepreise machen. Die Betroffenen haben meist nur kleine Renten zur Verfügung und wissen nicht, wie sie das alles in Zukunft bezahlen sollen“, berichtet der Energieberater.

Familien müssen 200 bis 300 Euro mehr für Wärme zahlen – im Monat!

Diese Sorgen seien absolut berechtigt. „Vielen ist glaube ich noch gar nicht bewusst, was bei den derzeit galoppierenden Kosten für Wärme und Strom finanziell auf sie zukommen wird“, sagt Ansbach und stellt folgende Berechnung auf. Bis vor einigen Monaten habe eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden und einem Gaspreis von 7 bis 8 Cent pro Kilowattstunde etwa 1.400 Euro im Jahr für Wärme gezahlt. „Jetzt liegt der Preis mancher Anbieter schon bei 15 Cent die Kilowattstunde. Allein dadurch schnellen die Wärmekosten auf 3.000 Euro im Jahr in die Höhe. Und der Preis wird weiter steigen“, sagt Ansbach.

Nun komme noch die Gaspreisumlage hinzu, wodurch man noch einmal 500 Euro obendrauf rechnen könne. „Damit liegt besagte Familie schon bei Wärmekosten von 3.500 Euro im Jahr – das ist eine Mehrbelastung von 2.100 Euro“, verdeutlicht der Energieberater. Berücksichtige man nun noch die ebenfalls gestiegenen Strompreise und andere Kosten, könnten auf die Familie schnell monatliche Mehrkosten von 200 bis 300 Euro zukommen. „Nicht nur Menschen mit geringem Einkommen können sich das nicht leisten. Das betrifft auch die Mittelschicht“, sagt Ansbach.

Jeder muss sein Einsparpotenzial kennenlernen

Ihm sei vollkommen klar, dass eine energetische Sanierung für viele Menschen kurzfristig keine Lösung sei. „Einer alleinstehenden Rentnerin brauche ich nicht zu erzählen, dass sie ihre alte Ölheizung austauschen soll“, sagt Ansbach. Er rät zu folgender Strategie: Als erstes solle jeder einmal ermitteln, welcher Verbrauch für Strom und Wärme für seine Lebenssituation normal sei. „Diese Infos bekommt man beispielsweise bei uns von der Verbraucherzentrale und kann diese Daten mit seinem tatsächlichen Verbrauch abgleichen. Dadurch lässt sich erkennen, ob jemand Potenzial hat, Energie einzusparen, oder ob er jetzt eigentlich schon gut dasteht“, erklärt Ansbach. Aufklärung sei hier besonders wichtig.

Ein weiterer Punkt beträfe die Dämmung eines Gebäudes. „Dabei geht es nicht darum, sofort das ganze Haus zu verkleiden oder alle Fenster zu ersetzen. Man muss schauen, was möglich ist – auch wenn es nur die Dämmung der Rollladenkästen ist“, erklärt der Energieberater.

Das Land muss Menschen finanziell unterstützen

Das Problem ziehe sich durch die gesamte Gesellschaft und beträfe alle Schichten. Deshalb habe die Verbraucherzentrale schon früh reagiert und biete Workshops zum Energiesparen an. Beratungen dazu seien auch telefonisch, per Videokonferenz oder persönlich möglich.

„Darüber hinaus arbeiten wir daran, ein Netzwerk zum Energiethema aufzubauen und werden Energiespartipps auch in leichter Sprache herausbringen“, erklärt Brigitte Dörhöfer. Aus ihrer Sicht müsse aber auch die Politik tätig werden, um insbesondere Menschen mit geringem Einkommen zu unterstützen. „Gerade für diejenigen, die knapp über der Bemessungsgrenze von Sozialleistungen liegen, ist das ein riesiges Problem. Wie sollen die das alles bezahlen? Da muss was kommen“, gab sie dem Landtagsabgeordneten Dennis Maelzer mit auf den Weg.

Eine Forderung, die der Detmolder absolut unterstützt. „Nachdem die Bundesregierung nun die Besteuerung des Gaspreises deutlich reduziert hat, muss nun auch die Landesregierung mal in die Strümpfe kommen. Immer nur nach Berlin zu zeigen, reicht in dieser Situation nicht“, fordert Maelzer. Außerdem fordert Maelzer von Spitzenpolitikern „Energiespartipps“ besser den Experten der Verbraucherzentrale zu überlassen. „Ich halte es für herablassend, wenn gutsituierte Minister oder gar Ministerpräsidenten Duschtipps oder Waschlappen-Empfehlungen geben“, zeigt sich Maelzer genervt. „Ein Waschlappen ersetzt nicht politisches Handeln. Bürgerinnen und Bürger brauchen jetzt finanzielle Unterstützung statt anmaßender Sparvorschläge“, sagt Maelzer. Und auch das Land müsse nun endlich Verantwortung übernehmen. Maelzer schlägt unter anderem Energiegutscheinen zur direkten Begleichung der Strom- und Gaskosten als Maßnahme vor.

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