Innere Sicherheit stärken, Leben in Freiheit schützen

Kapitel 4.5

Wir wollen, dass sich alle in unseren Städten und Gemeinden geborgen fühlen. Wir sorgen für ein geschütztes, lebenswertes Wohnumfeld.

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Staates, für die Sicherheit der Bevölkerung Sorge zu tragen und diese vor Übergriffen und Kriminalität zu schützen. Für uns gehört dazu auch das Erscheinungsbild des öffentlichen Raums im Sinne von Pflegezustand, Sicherheit und Ordnung. Nur sehr reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten und sich gegebenenfalls selbst schützen. Die Allgemeinheit ist jedoch auch hier auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen. Wir werden auch bei dieser Aufgabe die Handlungsfähigkeit des Staates erhöhen.

Freiheit und Sicherheit denken wir zusammen. Sie bedingen sich für uns gegenseitig. Sicherheit ist eine Voraussetzung für ein freies, selbstbestimmtes Leben. Umgekehrt dürfen Freiheitrechte nicht durch eine einseitige und ausschließliche Fixierung des Staates auf Sicherheitsbedürfnisse erstickt werden. Denn sämtliche Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit müssen letztendlich das Ziel verfolgen, unser Leben in Freiheit zu schützen und zu bewahren. Der Staat muss für eine vernünftige Balance zwischen beiden Polen einstehen und eine vorausschauende Politik betreiben, die gegen Kriminalität und ihre Ursachen konsequent vorgeht, dabei aber Augenmaß wahrt.

Wir stehen deshalb für eine Innenpolitik, in der Sicherheit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Wir brauchen dazu eine breite Einbindung aller relevanten gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure sowie Gruppen: Sicherheitsbehörden, Wissenschaft, Vereine und Verbände, Schulen und nicht zuletzt auch engagierte Bürgerinnen und Bürger.

Prävention

Dabei setzen wir vor allem auch auf die Prävention von Kriminalität. Wir müssen in Zukunft stärker vorausschauend und vorbeugend agieren. Es reicht nicht, erst dann einzugreifen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Die „beste Kriminalität“ ist nach wie vor diejenige, die niemals stattfindet!

Präventionsprogramme zur Bekämpfung von Jugendkriminalität und politischem und religiösem Extremismus werden wir deshalb ausbauen und verstetigen. Damit verhindern wir frühzeitig, dass sich Menschen von einem friedlichen Zusammenleben und unseren freiheitlichen und demokratischen Werten entfernen.

Eine gute Kriminalprävention beginnt dabei bereits auf der kommunalen Ebene. Denn in den Kommunen besteht ein unersetzbares Wissen über die lokalen Gegebenheiten und Probleme. Kriminalpräventive Räte bieten hier die Möglichkeit, alle relevanten Beteiligten der Sicherheitspolitik – Polizei, Jugend- und Sozialämter, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie Wohlfahrtsverbände – an einen Tisch zu bringen und Kriminalität und ihre Ursachen vor Ort koordiniert zu bekämpfen. Die kriminalpräventiven Räte auf kommunaler Ebene wollen wir deshalb stärken und weiter ausbauen.

Darüber hinaus werden wir einen „Masterplan Licht“ für die Städte und Kommune auflegen, der insbesondere an dunklen Stellen wie beispielsweise Bahnhöfen, Parkanlagen, Brücken und Unterführungen positive Wirkung entfalten soll.

Daneben werden wir uns dafür einsetzen, dass vor Ort die Zusammenarbeit mit der Landes- und Bundespolizei sowie den kommunalen Ordnungsbehörden verbessert wird. Hierzu bieten sich vor Ort vereinbarte Ordnungspartnerschaften bzw. Doppelstreifen von Polizei und kommunalem Ordnungsdienst an.

Und nicht zuletzt beinhaltet eine vorausschauende Sicherheitspolitik auch, die soziale Kluft zu überwinden und Aufstiegschancen und Wohlstand für alle wieder möglich zu machen.

Dafür sind starke Kommunen, eine starke Wirtschaft mit guten und fairen Löhnen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie gute Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten die Bedingung. Hierfür machen wir uns stark. Wir geben den Menschen in Nordrhein-Westfalen soziale Sicherheit und fangen sie auf, wenn es einmal im Leben nicht so gut läuft.

Unsere Polizei vor Ort. Freundlich und hilfsbereit

Wir wollen die Präsenz unserer Polizei in den Stadtquartieren und auf den Straßen vor Ort verstärken. Polizei muss für die Menschen sichtbar, schnell ansprechbar und schnell am Einsatzort sein. Die Bezirksbeamtinnen und -beamten sind für uns dafür unerlässlich. Sie schaffen mit ihrer wertvollen Arbeit Nähe zwischen Polizei und Bevölkerung und sind gleichzeitig ein Frühwarnsystem für die Probleme vor Ort. Wir wollen deshalb diesen Bezirksdienst erhalten und weiter ausbauen. Das stärkt sowohl die objektive Sicherheitslage als auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unser Gemeinwesen.

Die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner unterstreicht unseren Politikansatz. Rechtsextremismus und die Ausübung rechtswidriger Gewalt haben in unserer Polizei keinen Platz und müssen konsequent aus dem Dienst entfernt werden! Wir werden nicht akzeptieren, dass eine kleine Minderheit den guten Ruf unserer in Demokratie und Rechtsstaat fest verankerten Polizei beeinträchtigt.

Die rechtsextremen Chatgruppen und die Fälle rassistisch motivierter Polizeigewalt in Nordrhein-Westfalen machen deutlich, dass es nicht bei Absichtserklärungen bleiben darf. Wir werden daher die Handlungsempfehlungen der Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ umsetzen und ihre Wirksamkeit fortlaufend prüfen. Um den Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, Gerechtigkeit zu erfahren, werden wir außerdem eine unabhängige Beschwerdestelle einrichten. Im Zuge dessen wollen wir die Stelle eines bzw. einer Landespolizeibeauftragten etablieren. Diese beauftragte Person soll für die Aufklärung rechtswidriger Polizeigewalt zuständig sein und als Anlaufstelle für Betroffene sowie für Polizeikräfte dienen, die bei ihren Kolleginnen und Kollegen rechtswidriges Handeln bemerken.

Um die Debatte auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen fortzusetzen, werden wir schließlich eine Studie im Sinne eines Lagebilds „Rechtsextremismus und Rassismus“ in Auftrag geben.

Für die anspruchsvolle Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten bedarf es einer guten Ausbildung mit ständiger Fort- und Weiterbildung. Für ihren oft gefährlichen Einsatz für uns rüsten wir die Polizei bestmöglich aus, damit sie sich gut schützen kann. Das gilt vor allem für ihre digitale Ausstattung. In einer zunehmend digitalisierten Welt darf die Polizei in ihrer technischen Ausstattung nicht hinterherhinken. In diesem Zusammenhang wollen wir zukünftig auch ein noch stärkeres Augenmerk auf die Bekämpfung von neuen Kriminalitätsformen – wie zum Beispiel Internetkriminalität – sowie auf die Möglichkeiten der digitalen Fahndung richten.

Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten sowie gegen die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Ordnungsamt und Rettungsdiensten ist nicht hinnehmbar und muss konsequent verfolgt werden. Dies ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen sicherstellen, dass sämtliche Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte durch die Behördenleitungen angezeigt und vor Gericht verhandelt und ausgeurteilt werden. Nur so erfahren die Opfer Wertschätzung und die Täterinnen und Täter Konsequenzen.

Kriminalität bekämpfen

Wir werden eine weitere Aufstockung des Personals der Polizei vornehmen, denn bedingt durch die aktuell hohe Anzahl an Pensionierungen und den Zuwachs an Aufgaben kommt es nach wie vor zu personellen Engpässen bei der Polizei. Das führt zum Beispiel bei der Kripo dazu, dass eine effiziente Verbrechensbekämpfung oftmals nur unter erschwerten Umständen wahrgenommen werden kann und dass Ermittlungserfolge im Bereich der Kontrollkriminalität – wie zum Beispiel bei Drogen- oder Bandendelikten – spärlicher als erforderlich ausfallen, da hier mit einem hohen Personaleinsatz gearbeitet werden muss.

Wir werden in diesem Zusammenhang für eine Personalentwicklung „aus einem Guss“ für die gesamte Polizei sorgen. Die jährlichen Einstellungszahlen werden wir so erhöhen, dass es zu einem deutlichen Personalaufwuchs kommt. Die im Koalitionsvertrag des Bundes “Mehr Fortschritt wagen” verabredete Verstetigung des Pakts für den Rechtsstaat unterstützen wir damit aktiv. Wir wirken zudem der aktuellen Überlastung, den Überstundenbergen und den strukturellen Defiziten bei der Kriminalitätsbekämpfung entgegen. Dabei ist es unser Ziel, bei den Einstellungen auch die Vielfalt in unserer Gesellschaft abzubilden. Zudem wollen wir im Rahmen der bewährten Polizeiausbildung geeignete Fördermaßnahmen entwickeln, um die aktuell hohe Abbruchquote in der Polizeiausbildung zu reduzieren.

Wir wollen das sogenannte „Dunkelfeld“ erhellen, denn bei der Kriminalitätsentwicklung liegen in zu vielen Bereichen – zum Beispiel bei der organisierten Kriminalität, bei Sexualdelikten oder bei der häuslichen Gewalt – nur unzureichende Daten vor. Die jährliche polizeiliche Kriminalstatistik gibt nur einen Teilaspekt der Kriminalitätslage wieder. Um ein vollständiges Bild über die Kriminalitätsentwicklung zu erlangen und um die Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung künftig gezielter auszurichten und zu verbessern, werden wir deshalb einen regelmäßigen Periodischen Sicherheitsbericht erstellen lassen.

Wir wollen unserer Polizei helfen, bessere Strategien und Lösungen bei der Kriminalitätsbekämpfung zu entwickeln. Wir werden deshalb ein Institut für Sicherheitsforschung errichten, das zukünftig als unabhängige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis dient. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen hier gesammelt, gebündelt und für die Politik und die praktische Arbeit der Sicherheitsbehörden verfügbar gemacht werden. Darüber hinaus werden wir einen unabhängigen und interdisziplinären Sachverständigenbeirat einrichten, der Landtag und Landesregierung zu sämtlichen innenpolitischen Fragen berät. Als politisch unabhängige Stimme – ähnlich dem „Rat der Wirtschaftsweisen“ – soll er abseits der Tagespolitik langfristige Themen setzen und Handlungsoptionen aufzeigen.

Wir werden uns aller verfügbaren rechtlichen Mittel bedienen, um organisierte Kriminalität schon im Ansatz zu bekämpfen. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen und benötigt einen „langen Atem“ und eine umfassende Strategie. Wir werden für ihre Verfolgung mehr personelle Ressourcen bereitstellen. Entscheidend ist, dass bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zukünftig stärker dort angesetzt wird, wo es den Verbrecherinnen und Verbrechern am meisten weh tut. Und hier ist es das Geld, das die wesentlichen Anreize für die Straftaten setzt. Wir werden deshalb die behördenübergreifende Zusammenarbeit ausbauen und die Gewerbe- und Finanzkontrollen ausweiten, um die Geldwäsche effizienter als bisher zu bekämpfen. Neben der Polizei und der Staatsanwaltschaft müssen dabei auch die Finanzämter, die Jobcenter, die Ausländerbehörden sowie Ordnungs- und Jugendämter beteiligt sein.

Als weltweit drittgrößtes Standbein der Organisierten Kriminalität gilt die Umweltkriminalität. Sie verursacht schwerste Schäden an der Natur, Menschenrechtsverletzungen und Militarisierung. Wir werden daher die Bekämpfung der Umweltkriminalität insgesamt stärken. Unter anderem schaffen wir dazu in der künftigen Landesregierung eine neue Stabsstelle Umweltkriminalität.

Mit der konsequenten Einziehung von illegalem Vermögen werden wir der organisierten Kriminalität die Grundlage für weitere kriminelle Geschäfte nehmen. Dafür werden wir die Finanzämter mit genügend Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern sowie Analysten ausstatten, um so illegale Finanzströme und Steuerhinterziehung konsequent ahnden zu können.

Kriminalpolitik darf keine Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht stellen. Zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität bedarf es mehr als nur öffentlichkeitswirksamer Razzien. Hier geht es insbesondere darum, nicht nur Boten, sondern Bosse vor Gericht zu bringen, um die konsequente Einziehung von illegalem Vermögen sowie um Ausstiegs- und Präventionsangebote für Familienangehörige. Auch die zunehmende Bandenkriminalität im Zusammenhang mit der Sprengung von Geldautomaten wollen wir entschieden bekämpfen. In diesem Zusammenhang wollen wir die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden in den Niederlanden weiter intensivieren und gemeinsam mit Sicherheitsbehörden sowie Banken und Sparkassen erreichen, dass die Verbesserung der technischen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor Sprengungen von Geldautomaten weiter forciert werden.

Wir wollen sichere und attraktive Bahnhöfe, denn der heutige Zustand vieler Bahnhöfe wird oftmals als „Angstraum“ wahrgenommen. Menschen fühlen sich unwohl und unsicher. Das ändern wir, indem wir mit dem Bund, der Deutschen Bahn und den Verkehrsverbünden ein Konzept für die Einführung einer „Bahnhofsaufsicht“ entwickeln. Diese soll als Ansprechpartnerin für Fahrgäste dienen und als „Kümmerer vor Ort“ für eine Verbesserung des Zustands der Bahnhöfe und Haltepunkte sorgen. Zudem wollen wir eine verbesserte Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiedenen Akteure – Bundespolizei, Landespolizei, DB-Sicherheitsdienst, kommunale Ordnungsdienste sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter – erreichen, die für die Sicherheit an den Bahnhöfen und ihrem unmittelbaren Umfeld verantwortlich sind. Darüber hinaus wollen wir die Einrichtung von dauerhaften Waffenverbotszonen im Umfeld der großen Bahnhöfe.

Wehrhafte Demokratie – Wir zeigen klare Kante gegen Extremismus

Wir wollen die Bekämpfung des politischen und religiösen Extremismus weiter ausbauen und den Kampf gegen Gewalt und Terror, Hasskriminalität und rassistische Volksverhetzung verstärken. Denn ein demokratischer Rechtsstaat muss wehrhaft sein! Er hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich und die mit ihm verbundenen Werte zu schützen und sich Verfassungsfeinden jedweder Richtung energisch entgegenzustellen. Die größte Gefahr für die Demokratie droht dabei derzeit durch den Rechtsextremismus.

Für diese Aufgaben wollen wir Polizei und Verfassungsschutz stärken, ohne dass sie dabei ihre Bürgerorientierung aufgeben. Menschenfeindliche Positionierungen innerhalb staatlicher Institutionen werden wir nicht dulden. Wer sie meldet und die Verfolgung ermöglicht, kann auf besonderen Schutz zählen. Wir werden dafür sorgen, dass die Behörden für rechtsextreme Einstellungen und Taten stärker sensibilisiert werden.

Zwingend erforderlich ist eine Unterbindung des Waffenbesitzes in Händen von Extremistinnen und Extremisten. Hierzu setzen wir uns für eine noch strengere Überwachung ein. Die Mitgliedschaft in extremistischen Netzwerken bedeutet, dass zwangsläufig der Entzug des Waffenscheins erfolgt.

Offene Haftbefehle gegen Rechtsextremisten und Rechtsextremistinnen sind schnellstmöglich zu vollstrecken. Auch die Auswertung und Analyse dieser offenen Haftbefehle muss umgehend erfolgen. Wir wollen Ermittlungen gegen rechtextreme Täterinnen und Täter bündeln. Wir prüfen daher zusätzliche Zuständigkeiten der Zentralstelle Terrorismusverfolgung Nordrhein-Westfalen (ZenTer NRW) bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf.

Die Bekämpfung des Phänomens der Hasskriminalität, und insbesondere die Bekämpfung der Verbreitung hasserfüllter Parolen, wollen wir deutlich verstärken. Es darf nicht hingenommen werden, dass Extremistinnen und Extremisten versuchen das gesellschaftliche Klima in unserem Land zu vergiften. Denn eine solche Hetze gegen andere Menschen ist häufig nur die Vorstufe für tätliche Gewalt. Verfassungsschutz und Polizei wollen wir deshalb insbesondere auch zur Bekämpfung von extremistischer Hasskriminalität im Internet weiter personell aufstocken, ebenso wie die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen. Zudem wollen wir erreichen, dass bei der Bekämpfung der Extremisten und Extremistinnen neben den staatlichen Ermittlungsbehörden und der Justiz auch die Betreiber entsprechender Internetpattformen wie Facebook oder YouTube stärker in die Pflicht genommen werden. Sie müssen Botschaften mit menschenverachtenden und extremistischen Inhalten zügiger und energischer als bisher entfernen.

In diesem Zusammenhang wollen wir flankierend auch die Präventionsmaßnahmen gegen Extremismus weiter intensivieren. Eine wichtige Maßnahme ist in diesem Zusammenhang die Ausdehnung des zur Bekämpfung des Islamismus eingeführten Programms „Wegweiser“ auf sämtliche Formen des Extremismus. Wir wollen, dass die bisherigen Anlaufstellen ergänzend zu den guten Angeboten der Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und den Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu Präventionszentren ausgebaut werden.

Wir werden eine kritische Bestandsaufnahme der eingriffsintensiven „Sicherheitsgesetze“ der letzten Jahre durchführen. Es muss umfassend evaluiert werden, welche Eingriffe in die Grundrechte sich tatsächlich als verhältnismäßig, weil unbedingt notwendig erwiesen haben. Wir werden das bestehende Versammlungsgesetz durch ein Versammlungsfreiheitsgesetz ersetzen.  Wir werden es nicht zulassen, dass Rechtsextreme die Tage zum Gedanken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und Shoa missbrauchen und die Opfer verächtlich machen.

Feuerwehr, Rettungsdienste und Katastrophenschutz

Wenn man eines aus der Pandemie und der Flutkatastrophe im Juli 2021 lernen kann, dann: dass der Bevölkerungsschutz in Nordrhein-Westfalen ganz neu gedacht werden muss. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und wollen die Strukturen – im wahrsten Sinne des Wortes – krisenfest machen.

Im Katastrophenfall werden wir den Krisenstab auf Landesebene einberufen. Wir werden Gemeinden und Kreise im Katastrophenschutz, der zusammen mit anerkannten Hilfsorganisationen aufgestellt ist, eine dauerhaft bessere organisatorische und finanzielle Unterstützung geben.

Dafür werden wir regionale Lage- und Führungszentren bei den Bezirksregierungen einrichten und eine einheitliche Stabs- und Leitstellensoftware für eine bessere Vernetzung des Lagebilds im Katastrophenfall zwischen sämtlichen Ebenen – Kreisen, kreisfreien Städten, Bezirksregierungen und Landesregierung – beschaffen. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass Spontanhelfende im Krisenfall effizienter koordiniert werden.

Wir stärken die Einsatzkräfte in der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr. Dazu werden wir einheitliche Mindeststandards für den Personaleinsatz in den kommunalen Ordnungsdiensten festlegen und landesweite Aus- und Fortbildungsangebote für ihre Beschäftigten schaffen.

Feuerwehr, Rettungsdienst und Hilfsorganisationen sind in vielen Bereichen ehrenamtlich organisiert und leisten hervorragende Arbeit. Wir sorgen dafür, dass sie auf eine moderne Ausstattung, ein breites Angebot an Aus- und Weiterbildung, vereinfachte Freistellung der Arbeitgeber sowie bei Bedarf auf psychologische Unterstützung zurückgreifen können.

Wir entwickeln das BHKG und die Katastrophenschutzpläne des Landes konsequent weiter. Die vorhandenen Landeskonzepte werden wir quantitativ und qualitativ (hier vor allem mit Blick auf Logistik, IT, psychosoziale Notfallversorgung und internationale Zusammenarbeit) ausbauen. Es braucht ein Ressourcenmanagement zur Vorhaltung unter anderem von technischer Ausstattung im Katastrophenschutz, notwendigen medizinischen Produkten für die Bevölkerung (Stichwort: Masken) und behelfsmäßiger Infrastruktur (Stichwort: Ersatzbrücken). Auch auf Kreisebene wollen wir verbindlich Katastrophenschutzpläne einführen.

Wir sorgen für eine effiziente und zielgerichtete Warnung der Bevölkerung in Notsituationen. Das modulare Warnsystem muss ausgebaut werden – dabei verstehen wir analoge Sirenen und Hinweistafeln genauso als Bestandteil eines Warnmixes wie Apps, Cell-Broadcast-Systeme und die Einbindung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Städte, Gemeinden und Kreise werden vom Land beim Ausbau der Warn-Infrastruktur vor Ort unterstützt. Warnungen wirken nur dann, wenn die Bevölkerung ausreichend informiert und sensibilisiert ist. Wir streben daher eine flächendeckende Förderung der Selbsthilfefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger an.

Wir machen die Kommunikation von Einsatzkräften und Behörden krisenfest. Die Erfahrungen der Flutkatastrophe haben uns gezeigt, wie anfällig Festnetz-Anschlüsse, Mobilfunknetze und Digitalfunk im Katastrophenfall bzw. bei länger anhaltenden Stromausfällen sind. Dem wollen wir mit der Bereitstellung von satellitengestützter Technik als Rückfallebene begegnen. Gleichzeitig soll das Land die Verwundbarkeit eigener Einrichtungen und Liegenschaften der kritischen Infrastruktur untersuchen.

Wir werden dafür sorgen, dass die Bereichsausnahme bei der Vergabe der rettungsdienstlichen Leistungen für die kommunalen Rettungsdienste und anerkannten Hilfsorganisationen rechtssicher angewendet werden kann.

Den Wiederaufbau in den Hochwasser-Gebieten intelligent und sozial gerecht gestalten

Die Hochwasser-Katastrophe im Juli 2021 hat Menschenleben gekostet, Existenzen zerstört und eine unfassbare Schneise der Verwüstung gezogen. Angesichts der Opferzahlen handelt es sich um die schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes. Neben dem Ahrtal sind auch viele Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, insbesondere im Süden des Landes betroffen. Zwischen Stolberg und Erftstadt, zwischen Bad Münstereifel und Rheinbach, von Swisttal bis Euskirchen und in anderen Kommunen im Rheinland und der Eifel hat das Wasser eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Trotz großer Spendenbereitschaft, trotz Soforthilfen, trotz der Wiederaufbauhilfen stehen die Menschen und auch die Kommunen weiterhin vor immensen Herausforderungen. Damit die Menschen in diesen Kommunen nicht abgehangen werden und damit die Kommunen wieder lebenswert werden, muss noch viele Jahre Aufbauhilfe geleistet werden. Wir werden den Wiederaufbau besonders in den Blick nehmen und alles daransetzen, dass die Kinder, die dort aufwachsen, die Menschen, die dort leben, die gleichen guten Chancen auf ein besseres Morgen haben wie anderswo in unserem Bundesland.

Dazu werden wir die Verfahren der Aufbauhilfen beschleunigen und verschlanken, damit die Hilfsgelder schneller bei den Menschen und betroffenen Unternehmen ankommen. Außerdem werden wir die Kommunen dabei unterstützen, die verlorengegangene Infrastruktur so schnell wie möglich wiederherzustellen.

Zur Bewältigung der traumatischen Erlebnisse werden wir ein Traumazentrum in Kooperation mit ärztlichen und psychotherapeutischen Anbietern einrichten. Darüber hinaus setzen wir uns für eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung ein und werden auf zusätzliche Kassensitze für Psychotherapeutinnen und -therapeuten drängen.

In vielen schwer betroffenen Kommunen haben sich zivilgesellschaftliche Akteure und ehrenamtlich Helfende zusammengetan, die sich um die alltäglichen kleinen und großen Herausforderungen der Flutbetroffenen kümmern. Dieses Engagement verdient unseren größten Respekt und unsere Wertschätzung. Die Angebote der psychosozialen Hilfen werden wir besser vernetzen und inhaltlich unterstützen.

Die Planungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen werden wir beschleunigen und Hochwasserschutz- und Starkregenkonzepte stärker fördern, wie auch die sich daraus ergebenden Maßnahmen.

Auf Bundesebene werden wir uns für eine Pflichtversicherung für Elementarschäden einsetzen. So wird es möglich, Eigentum auch in Bereichen zu versichern, die von Versicherungen derzeit nicht versichert werden. Auf diesem Wege lassen sich Versicherungsprämien auf mehrere Schultern verteilen und somit für alle tragbarer gestalten.

Wir legen ein Sonderprogramm „Aufholen nach dem Hochwasser” auf. Mit diesem Programm können unter anderem betroffene Unternehmen beispielsweise Anreize durch einen befristeten und mehrjährigen Erlass der Gewerbesteuer bekommen. Kommunen können mit Hilfe dieses Sonderprogramms gezielt die Lebens- und Lernumstände ihrer Bürgerinnen und Bürger verbessern.